Lohnt sich Market-Timing beim Bitcoin? (Bild: CardMapr.nl, Unsplash)
Die Frage nach dem richtigen Einstiegszeitpunkt beschäftigt Anleger seit jeher – besonders im volatilen Marktumfeld von Kryptowährungen.
Doch gerade bei Bitcoin zeigt sich: Nicht nur das wann, sondern vor allem das nicht verpassen bestimmter Tage ist entscheidend für den langfristigen Anlageerfolg.
Eine groß angelegte Untersuchung von Fundstrat Global Advisors hat herausgefunden, dass nahezu der gesamte Renditeerfolg von Bitcoin in wenigen einzelnen Tagen eines Jahres liegt. Wer diese besten zehn Tage verpasst, erzielt nicht einfach nur weniger Gewinn – er riskiert im Extremfall sogar Verluste.
Diese Analyse beleuchtet, welche Auswirkungen dieses Phänomen auf Anlagestrategien hat, wie realistisch Market Timing tatsächlich ist und welche Alternativen sich für Investoren anbieten.
Die Wirkung der besten (und schlechtesten) Tage auf eine Langzeitanlage
Die Ergebnisse der Fundstrat-Analyse sind eindeutig: Wer langfristig in Bitcoin investiert war, erzielte außergewöhnliche Renditen.
Wer jedoch nur wenige Schlüsselzeitpunkte verpasste, erlebte einen drastischen Unterschied.
Strategie | Endwert aus 100 $ (2013–2025) | Gesamtrendite |
---|---|---|
Buy & Hold (immer investiert) | 751.022 $ | +751.000 % |
Ohne die 10 besten Tage pro Jahr | 49 $ | –51 % |
Ohne die 10 schlechtesten Tage pro Jahr | 1.428.606 $ | +1.428.506 % |
Eine durchgehende Investition über den Gesamtzeitraum hinweg hat sich überaus positiv entwickelt.
Doch das Verpassen der besten zehn Tage pro Jahr – das sind nur etwa 0,3 % aller Handelstage – hätte das Kapital nicht nur entwertet, sondern sogar halbiert. Umgekehrt hätte ein Anleger, der die schlechtesten Tage vermeiden konnte, ein fast doppelt so hohes Ergebnis erzielt wie mit Buy & Hold.
Wie wichtig sind einzelne Handelstage?
Ein Blick auf ausgewählte Einzeljahre zeigt, wie stark sich die Rendite auf wenige Handelstage konzentriert.
Year | Rendite der 10 besten Tage | Rendite der übrigen 355 Tage |
---|---|---|
2021 | +179 % | –43 % |
2019 | +217 % | –39 % |
2024 | +52 % | –15 % |
Selbst in Jahren mit negativer Gesamtstimmung trugen einzelne Handelstage die komplette Performance.
In Jahren wie 2021 war der Markt insgesamt volatil – wer jedoch an den entscheidenden Tagen investiert blieb, konnte massive Gewinne erzielen. Wer diese Tage verpasste, verzeichnete hingegen ein negatives Jahresergebnis – trotz eines eigentlich erfolgreichen Marktumfelds.
Warum ist Market Timing im Bitcoin-Markt besonders schwierig?
Bitcoin folgt einem sogenannten Sprung-Diffusions-Modell.
Das bedeutet, Preisbewegungen verlaufen nicht gleichmäßig, sondern oft in Form abrupter Ausschläge – nach oben wie nach unten. Diese plötzlichen Bewegungen geschehen meist unerwartet und innerhalb kurzer Zeitfenster.
Während klassische Aktienmärkte wie der S&P 500 oder der DAX an ihren besten Tagen Tageszuwächse von 1–2 % verzeichnen, zeigt Bitcoin an seinen besten Tagen teils Gewinne von über 10 %.
Solche Bewegungen vorherzusehen ist nahezu unmöglich – sie erfolgen oft ohne Vorwarnung und widersprechen häufig der Nachrichtenlage.
Auch auf der Verlustseite zeigt sich eine hohe Volatilität. Die Tage mit den größten Verlusten folgen nicht selten direkt auf die besten Handelstage – oder umgekehrt. Dies macht Market Timing nicht nur schwierig, sondern auch riskant: Wer versucht, Kurseinbrüche zu vermeiden, verpasst häufig auch die darauf folgende Erholung.
Vergleich verschiedener Anlagestrategien
Im direkten Vergleich zeigt sich, dass Buy & Hold oder regelmäßige Investments (Dollar-Cost-Averaging) in der Praxis deutlich erfolgreicher sind als kurzfristig orientiertes Market Timing.
Strategie | Timing-Erfordernis | Renditepotenzial | Realistische Umsetzbarkeit |
---|---|---|---|
Buy & Hold | sehr gering | sehr hoch | sehr hoch |
Market Timing | extrem hoch | theoretisch sehr hoch | sehr gering |
Vermeidung schlechter Tage | hypothetisch ideal | maximal | praktisch nicht möglich |
DCA (regelmäßige Einzahlungen) | gering | solide bis hoch | sehr hoch |
Beispiel: Wer zwischen 2019 und 2024 jeden Monat 50 Euro in Bitcoin investierte (DCA-Strategie), hätte rund 0,1423 BTC angesammelt – ein Wertzuwachs von über +140 %.
Viele Anleger verkaufen in Krisenzeiten aus Angst – und steigen später zu höheren Kursen wieder ein. Damit verpassen sie oft genau die Tage, an denen die Kurswende einsetzt. Studien zeigen: Die besten Tage am Markt folgen häufig direkt auf schlechte Nachrichten oder abrupte Rückgänge.
Diese psychologische Dynamik führt dazu, dass Anleger ausgerechnet dann nicht investiert sind, wenn es am meisten zählt. Und genau deshalb ist das Festhalten an einer Strategie – sei es Buy & Hold oder DCA – in den meisten Fällen erfolgreicher als der Versuch, Märkte „auszutricksen“.
„Ich vertraue nicht auf den perfekten Moment – ich bleibe einfach investiert.“
Als ich die Zahlen zur Fundstrat-Analyse das erste Mal gesehen habe, musste ich ehrlich gesagt zweimal hinschauen.
Dass ausgerechnet so wenige Tage für nahezu die gesamte Rendite verantwortlich sind, widerspricht intuitiv allem, was man über langfristiges Investieren oft zu wissen glaubt. Und genau deshalb halte ich diese Erkenntnis für so wichtig.
Was mich besonders nachdenklich stimmt: Man spricht immer wieder davon, dass man „nicht nervös werden“ oder „nicht auf Kursausschläge reagieren“ soll – aber wenn man sieht, wie drastisch sich das Verpassen einzelner Tage auswirkt, bekommt dieses Prinzip plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Es ist nicht nur gut gemeint, sondern messbar entscheidend.
Die Vorstellung, dass ich mit einer langfristigen Buy-&-Hold-Strategie potenziell mehrere Hunderttausend Prozent Rendite erzielen kann – aber durch das Verpassen von nur zehn Tagen pro Jahr sogar ins Minus rutschen würde – das ist mehr als ein theoretisches Risiko. Es ist eine konkrete Warnung.
Ich persönlich ziehe daraus drei Schlüsse:
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Ich bin nicht smarter als der Markt. Es gibt keinen realistischen Weg, die besten oder schlechtesten Tage zuverlässig vorherzusagen. Und selbst wenn ich ab und zu richtig liege – das reicht nicht.
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Konstanz schlägt Intuition. Wer investiert bleibt, ist automatisch an den entscheidenden Tagen investiert – ohne es wissen zu müssen.
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Ich konzentriere mich auf das, was ich kontrollieren kann. Meine Sparrate. Meine Geduld. Meine emotionale Stabilität.
Die Fundstrat-Zahlen liefern keine neue Trading-Strategie.
Aber sie liefern eine der klarsten Begründungen, warum man nicht ständig aus- und wieder einsteigen sollte. Und warum es manchmal besser ist, einfach investiert zu bleiben – selbst wenn es unbequem wird.
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