KI-Boom in der Risikoanalyse: Rechnen sich hohe Investitionen in Künstliche Intelligenz?

KI-Boom: Werden all die Rechenzentren wirklich gebraucht? (Foto: Freepik, vecstock)

Kein Thema bewegte die Börse in den letzten Jahren so sehr wie der Hype um künstliche Intelligenz. Obwohl die aktuelle US-Konjunktur schwächelt, boomen einzelne Sektoren und stabilisieren die Wirtschaft. Der Bau von Rechenzentren steht hoch im Kurs. Doch stehen wir damit vor dem nächsten wirtschaftlichen Crash?

KI: Alles dreht sich um die Rechenzentren

Trotz des deutlichen Wachstumseinbruchs nach Corona und schwächelnder Konjunkturdaten weltweit erlebt ein Bereich derzeit einen wahren Investitionsboom: alles rund um Rechenzentren und künstliche Intelligenz. Erstmals tragen die Ausgaben für KI-Infrastruktur stärker zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts der USA bei als die traditionell treibenden Verbraucherausgaben.

Allein die „Magnificent 7“ überschritten im letzten Quartal die Marke von 100 Milliarden US-Dollar Investitionen, wovon der Großteil in Datenzentren und KI-Infrastruktur investiert wurde. Alle Tech-Unternehmen wollen sich in der Ära der künstlichen Intelligenz eine Spitzenposition sichern. Bei Microsoft and Meta beläuft sich das Investitionsvolumen in diesen Bereich sogar auf rund ein Drittel des Gesamtumsatzes.

Parallelen zu früheren Boom und Bust Zeiten

Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Wer zurück in die Vergangenheit blickt, erkennt Ähnlichkeiten. Riesige Infrastrukturwellen wie bei Eisenbahn und Telekom führten zum Crash, da die Investitionen nicht falsch, aber deutlich zu früh getätigt wurden.

Nach dem Crash blieb stets ein Überangebot günstiger Infrastruktur zurück, das spätere Innovationen ermöglichte. Doch für Aktionäre als Kapitalgeber ist das wenig beruhigend. Schon länger ertönen Stimmen, die davon überzeugt sind, dass die Investitionen nicht die gewünschten Erlöse bringen werden und Big Tech in eine Rendite-Falle läuft.

Risiken durch Spekulation und Konzentration

Wo aber liegen diesmal die Gefahren für das gesamte Finanzsystem? Kritisch wird es, wenn der Infrastrukturboom erheblich auf Kredit finanziert wird und die größten Banken als Kapitalgeber agieren.

Derzeit stammt das Kapital für den Ausbau von Rechenzentren zwar überwiegend aus dem Cashflow der Tech-Giganten sowie von Private-Equity- und Venture-Capital-Gesellschaften, doch zunehmend auch von Private Credit Funds. Diese Fonds suchen gezielt nach spekulativen Investoren und finanzieren sich selbst primär über Bankkredite. 14 Prozent der Kredite kommen bereits aus diesen Funds.

Hinzu kommt ein erhebliches Risiko aufgrund der Konzentration der Investitionen in nur einem Sektor. Kommt es bei einzelnen Kunden zu Zahlungsausfällen, sind zahlreiche Gläubiger gleichzeitig betroffen und es folgt eine Kettenreaktion. Da bislang kein belastbarer Return on Investment für die enormen Kapitaleinsätze nachgewiesen werden konnte, droht im Falle ausbleibender Renditen ein gravierendes wirtschaftliches Risiko.

Zwei Seiten der Medaille

Auf der einen Seite entkräften die immensen Infrastrukturinvestitionen das gebremste Wirtschaftswachstum und verhindern womöglich eine Rezession. Zudem werden gerade die technologischen Voraussetzungen für die nächsten Jahrzehnte geschaffen. Doch andererseits könnte sich die Geschichte wiederholen und die Investitionen ausgeartet sein. Es besteht das Risiko von Überkapazitäten, einer einbrechenden KI-Nachfrage oder auch einer technischen Disruption, die die massiven Investitionen bedrohen.

Ein weiteres zentrales Risiko liegt auch in der noch offene Frage der Monetarisierung. Es werden Milliarden in die Infrastruktur investiert, doch wer die Rendite letztlich erzielen wird ist unklar. Viele der aktuellen Anwendungen, von Chatbots bis zur Bilderzeugung, kämpfen noch damit, ihre hohen Betriebskosten durch entsprechende Einnahmen zu decken. Es entsteht eine potenzielle Lücke zwischen Investitionen und künftigen Erträgen.

Die Grenzen der Kapazitäten

Neben den finanziellen Risiken stößt der KI-Boom auch an weitere Grenzen. Rechenzentren stellen eine massive Belastung für die Stromnetze dar. Das wirft nicht nur die Frage nach der Nachhaltigkeit auf, sondern auch danach, wie der exponentiell steigende Bedarf gedeckt werden soll. Ähnliches gilt für den Wasserverbrauch zur Kühlung der Anlagen. Diese realen Kapazitätsengpässe könnten das Wachstum schneller drosseln, als viele Anleger aktuell in die Aktienmärkte einpreisen.

Fazit: Risiken bei Investitionen in KI

Rechenzentren sind der heutige Wachstumstreiber. Sie bieten für die Zukunft erhebliche Chancen. Doch wohin uns die Milliarden Investitionen führen werden, muss sich erst herausstellen. Es besteht die Chance auf einen längerfristigen Bullenmarkt, aber auch das Risiko einer neuen Blase.

Anleger sollten mögliche Szenarien eines KI-Crashs im Hinterkopf behalten und das Depot breit diversifizieren. Und für die „Magnificent 7“ steht viel auf dem Spiel. Sie haben nun die Aufgabe, die Aktionäre davon zu überzeugen, dass sie wieder einmal allen voraus waren und sich nicht selbst in den finanziellen Ruin getrieben haben.

Disclaimer:
No investment advice. No solicitation to buy or sell securities.

The contribution KI-Boom in der Risikoanalyse: Rechnen sich hohe Investitionen in Künstliche Intelligenz? appeared first ftd.de.