Ausblick 2026 bis 2030: KI-Schub vs. politische Risiken – quo vadis Weltwirtschaft?

Robeco-Prognose: Der digitale Da Vinci – KI-gestützte Systeme versprechen einen revolutionären Produktivitätsschub, der die Weltwirtschaft nachhaltig verändern kann. (Foto: Freepik KI Suite)

In ihrem neuen 5-Jahresausblick Expected Returns 2026-2030 entwirft die Fondsgesellschaft Robeco ein spannungsgeladenes Bild der Weltwirtschaft: Einerseits hat KI das Potenzial, die Produktivität so tiefgreifend zu verändern wie einst Elektrizität und Internet. Andererseits droht ein enges Korsett aus Inflation, Energieengpässen, Populismus und geopolitischen Blockaden, diese Renaissance zu ersticken.

Im Basisszenario entstehen jedoch ungeahnte Chancen, vor allem in den Schwellenländern. Und genau dort entscheidet sich, wie Anleger die nächsten 5 Jahre erfolgreich navigieren.

Eine Renaissance voller Widersprüche

Robeco beschreibt die Welt der kommenden Jahre als Bühne eines paradoxen Schauspiels. Auf der einen Seite steht die künstliche Intelligenz, die mit immer autonomeren Agenten die Effizienz der Industrie radikal steigern könnte. Robeco spricht in diesem Zusammenhang sogar vom „digitalen Da Vinci“ – einer neuen Klasse KI-gestützter Systeme, die Kreativität und Problemlösung auf ein Niveau heben, das bisher allein dem Menschen vorbehalten war.

Doch diese Renaissance droht in einer realwirtschaftlichen Enge zu verharren. Energie wird zur knappen Ressource. Politische Systeme sind überfordert. Die Globalisierung verliert an Schwung, weil Rivalitäten zwischen Großmächten den Fluss von Kapital, Rohstoffen und Technologie blockieren. Und genau hier kollidiert der technologische Fortschritt mit einer zunehmend zersplitterten Makrowelt.

Peter van der Welle, Strategist Multi-Asset Solutions bei Robeco, fasst es drastisch zusammen: KI führe zwar zu einem Produktivitätsschub, doch dieser sehe auf dem Papier stärker aus, als er sich in der Realität anfühle. Zwischen Zentralbanken, geopolitischen Spannungen und unsauberen politischen Kompromissen wird aus der Renaissance schnell ein fragiles Konstrukt.

Für Anleger bedeutet das: Die Welt von morgen braucht eine andere Allokation als die Welt von gestern. Die alten Selbstverständlichkeiten – etwa US-Aktien als unantastbarer Kern oder High Yield als Renditeturbo – verlieren an Überzeugungskraft.

4 Kräfte, die die Renaissance durch KI bremsen

Laut Robeco gibt es 4 strukturelle Hindernisse, die den wirtschaftlichen Aufbruch immer wieder ins Stocken bringen.

Die erste Bremse sitzt in den USA selbst. Noch nie war die politische Führung der größten Volkswirtschaft so instabil und noch nie wurde die Rolle des Dollars als Weltreservewährung so genau beobachtet. Die politischen Gräben in Washington untergraben das Vertrauen in die Zukunft – und damit auch den Status der amerikanischen Kapitalmärkte.

Inflation, US-Instabilität und neue Handelsbarrieren

Hinzu komme ein geopolitischer Stillstand, der sich gefährlicher anfühle als eine offene Eskalation. Der Konflikt zwischen den USA und China wird weder gelöst noch heiß geführt, sondern bleibt in einer Zone strategischer Vorsicht hängen. Handelsbarrieren bleiben bestehen, Lieferketten werden umgebaut und Technologie wird zum geopolitischen Faustpfand.

Parallel dazu zementiert die Inflation ein neues Normal. Robeco erwartet für die Industrieländer rund 2,5 Prozent und für die USA eine noch etwas höhere Teuerung. Diese permanente Reibung dämpft die Spielräume der Geldpolitik und macht die Wirtschaft anfälliger für Schocks.

Schließlich verschiebt sich die Nachhaltigkeitsagenda: weg vom Idealismus, hin zur harten Messbarkeit. Die Klimawende bleibt wichtig, doch Kapital fließt nur noch dorthin, wo der Wirkungsnachweis unmittelbar ist. Energieeffizienz, Netze, Speicher und CleanTech sind die neuen Magneten, während große Visionen an Bedeutung verlieren.

Das Basisszenario: Die fragile Renaissance

Robeco erwartet mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent ein Umfeld moderaten Wachstums, in dem die großen Volkswirtschaften unterschiedlich schnell vorankommen. Während die USA real um rund 2,1 Prozent wachsen sollen, holen die Eurozone, Japan und vor allem die Schwellenländer auf. Die Inflationsraten liegen dauerhaft über den historischen Zielwerten, politische Unsicherheiten bleiben präsent und Kapitalströme reagieren sensibler auf Schocks.

In der Anlagewelt verschieben sich die Gewichte. Schwellenländer profitieren von attraktiven Bewertungen, strukturellem Wachstum und einer Neugewichtung globaler Kapitalflüsse. Besonders EM-Anleihen (Schwellenländer) in Hartwährung werden zu einem Eckpfeiler.

Robeco zählt sie erstmals explizit zu den attraktivsten Bausteinen des Portfolios. Hinzu kommen Rohstoffe und REITs, die als Absicherung und reale Diversifikatoren fungieren und gerade im Umfeld strukturell höherer Inflation wieder an Bedeutung gewinnen.

Für Anleger ergibt sich somit ein deutlich weniger US-zentriertes Bild als in den Jahren zuvor. Es ist eine gebrochene, fragile Renaissance, in der Risiko und Chance nebeneinanderstehen.

Smartbroker Dashboard / Quelle: Smartbroker Presse

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Passende UCITS-ETFs für das Basisszenario

Für globale Schwellenländeraktien eignet sich der iShares Core MSCI EM IMI ETF (IE00BKM4GZ66), Industrieländer können über den Xtrackers MSCI World ETF (IE00BK1PV551) abgebildet werden. Als Renditetreiber im Anleihebereich dient der iShares J.P. Morgan $ EM Bond ETF (IE00B2NPKV68). Zur taktischen Absicherung bei Real Assets eignet sich der iShares Developed Markets Property Yield ETF (IE00B1FZS350) und für das Rohstoffsegment der Vaneck Global Mining ETF (IE00BDFBTQ78). Lokale EM-Bonds werden über den iShares J.P. Morgan EM Local Govt Bond ETF (IE00B5M4WH52) abgebildet.

Das Bullenszenario: Wenn KI die Welt befreit

Sollte sich die Technologie schneller als erwartet durchsetzen, könnte KI tatsächlich einen Superzyklus auslösen. Robeco bezeichnet dieses alternative Szenario als „strahlende Renaissance“. In diesem Szenario bliebe die Inflation im Zielkorridor, geopolitische Spannungen würden sich entspannen und das globale Wachstum könnte dauerhaft über dem Trend liegen. Für Anleger entstünde ein Umfeld, das von breiter Risikofreude und steigenden Unternehmensgewinnen geprägt wäre.

Wer auf diesen Optimismus setzen möchte, könnte sich mit Themen wie globale Tech-Plattformen oder spezialisierte KI-Anwendungen befassen. Mit dem L&G Artificial Intelligence ETF (IE00BK5BCD43) lässt sich dieses Szenario abbilden, ohne dass Einzeltitelrisiken entstehen.

Das Bärenszenario: Der maßlose Verfall

In einem pessimistischen Szenario zerfallen die internationalen Strukturen, die seit Jahrzehnten für Stabilität gesorgt haben. Populismus gewinnt Oberwasser, Handelskriege eskalieren und die Zentralbanken geraten politisch unter Druck. Die Dominanz des Dollars erodiert, und Stagflation wird zur neuen Normalität – eine wirtschaftliche Kombination, die kaum ein Portfolio unbeschadet übersteht.

In diesem Umfeld wären defensive Allokationen gefragt, die auf Qualität, solide Unternehmensbilanzen und alternative Sicherheitsanker setzen. Breite Investment-Grade-Anleihen, Weltportfolios mit konservativer Ausrichtung und eine reale Absicherung über Rohstoffe wären die logische Antwort. Der iShares Euro Corp Bond ETF (IE00B3F81R35) stellt dabei eine stabilere Alternative zu High-Yield-Titeln dar, die Robeco in allen Szenarien als überbewertet einstuft.

Fazit: Eine Welt im Aufbruch – und auf dünnem Eis

Mit dem neuen 5-Jahresausblick liefert Robeco einen selten klaren Blick auf ein Jahrzehnt, das sich nicht linear entwickeln wird. KI setzt zwar gewaltige Kräfte frei, doch das makroökonomische Fundament bleibt brüchig. Die Renaissance kommt – doch sie wird Risse haben.

Anleger sollten sich nicht von alten Mustern leiten lassen. Die Schwergewichte von gestern sind nicht automatisch die Gewinner von morgen. Schwellenländer rücken in den Mittelpunkt. Rohstoffe und REITs kehren aus dem Schatten zurück. US-Aktien und High Yields verlieren an Strahlkraft.

Eine Renaissance der Weltwirtschaft steht bevor, doch sie ist fragil. Genau darin liegen Risiko und Chance. Wer die richtigen Bausteine wählt, kann aus dieser Zerbrechlichkeit Stärke ziehen.

 

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