Neue Beitragsbemessung belastet viele Personengruppen (Bild: Unsplash, @LoboStudio Hamburg)
Die Sozialversicherungsbeiträge werden 2026 für gut verdienende Arbeitnehmer deutlich teurer.
Das Bundesarbeitsministerium unter Bärbel Bas hat am 7. September 2025 einen Referentenentwurf vorgelegt, der erhebliche Steigerungen bei den Beitragsbemessungsgrenzen vorsieht. Wir zeigen Ihnen, was auf Sie zukommt und wie viel mehr Sie zahlen müssen.
Die neuen Beitragsbemessungsgrenzen steigen deutlich
Die Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung steigt 2026 von 66.150 Euro auf 69.750 Euro jährlich. Das entspricht einer Erhöhung um 3.600 Euro oder 5,4 Prozent. Monatlich bedeutet das einen Anstieg von 5.512,50 Euro auf 5.812,50 Euro. Bis zu dieser Einkommenshöhe müssen Arbeitnehmer Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zahlen.
Noch stärker steigt die Beitragsbemessungsgrenze für die Renten- und Arbeitslosenversicherung. Sie klettert von 96.600 Euro auf 101.400 Euro pro Jahr, was einem Plus von 4.800 Euro oder 5,0 Prozent entspricht. Monatlich erhöht sich die Grenze von 8.050 Euro auf 8.450 Euro.
Diese Erhöhungen basieren auf der Lohnentwicklung des Vorjahres. Die Bruttolöhne stiegen 2024 um 5,16 Prozent, und die Bundesregierung passt die Beitragsbemessungsgrenzen entsprechend an. Das ist ein automatischer Mechanismus, der jährlich per Rechtsverordnung festgelegt wird.
So viel mehr zahlen Gutverdiener ab Januar 2026
Für Arbeitnehmer mit einem Einkommen an oder über der Beitragsbemessungsgrenze bedeuten die neuen Grenzen spürbare Mehrkosten. Selbst wenn die Beitragssätze stabil bleiben sollten, müssen Sie mit folgenden Mehrbelastungen rechnen:
Mehrkosten pro Monat (nur Arbeitnehmeranteil):
- Krankenversicherung: plus 51,30 Euro
- Pflegeversicherung mit Kindern: plus 10,80 Euro
- Pflegeversicherung ohne Kinder: plus 12,60 Euro
- Rentenversicherung: plus 38,20 Euro
- Arbeitslosenversicherung: plus 5,20 Euro
Arbeitnehmer mit Kindern zahlen damit monatlich 105,50 Euro mehr, was einer jährlichen Mehrbelastung von 1.266 Euro entspricht. Kinderlose müssen sogar 107,30 Euro monatlich oder 1.288 Euro jährlich mehr aufbringen. Die maximale Mehrbelastung über alle Beitragsbemessungsgrenzen kann bis zu 914 Euro pro Jahr betragen.
Diese Berechnungen basieren auf den aktuellen Beitragssätzen von 14,6 Prozent in der Krankenversicherung plus durchschnittlich 2,9 Prozent Zusatzbeitrag sowie 3,6 Prozent (mit Kindern) beziehungsweise 4,2 Prozent (kinderlos) in der Pflegeversicherung.
Wer ist von den Erhöhungen betroffen?
Die gute Nachricht vorweg: 76 Prozent aller deutschen Haushalte verdienen weniger als die Beitragsbemessungsgrenze und sind daher nicht von den Erhöhungen betroffen. Nur 24 Prozent der Haushalte müssen mit Mehrkosten rechnen, und lediglich 7 Prozent tragen die maximale Mehrbelastung.
Besonders hart trifft es Selbstständige und Freiberufler. Sie müssen sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil zahlen und haben damit die doppelte Belastung bei gleicher Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze. Ein selbstständiger Gutverdiener zahlt 2026 bis zu 1.828 Euro mehr für seine Sozialversicherung.
Angestellte mit hohem Einkommen sind ebenfalls stark betroffen. Ab einem Jahreseinkommen von 69.750 Euro greift die neue Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung. Bei einem Einkommen von 101.400 Euro oder mehr wirkt sich auch die höhere Grenze für Renten- und Arbeitslosenversicherung aus. Immerhin trägt hier der Arbeitgeber die Hälfte der Mehrkosten.
Der Wechsel in die PKV wird noch schwieriger
Parallel zu den Beitragsbemessungsgrenzen steigt auch die Versicherungspflichtgrenze, die festlegt, ab welchem Einkommen Angestellte in die private Krankenversicherung wechseln können. Sie erhöht sich von 73.800 Euro auf 77.400 Euro jährlich, ein Plus von 3.600 Euro oder 4,9 Prozent.
Das bedeutet: Während die Beiträge für Gutverdiener deutlich steigen, wird gleichzeitig der Wechsel in die private Krankenversicherung erschwert. Die Versicherungspflichtgrenze liegt mittlerweile 7.650 Euro über der Beitragsbemessungsgrenze. Bis 2002 waren beide Grenzen identisch, dann wurden sie von der damaligen rot-grünen Koalition bewusst entkoppelt.
PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther kritisiert diese Entwicklung scharf: „Die massive Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze greift in die Wahlfreiheit von Millionen Angestellten ein und verzerrt den Wettbewerb zwischen GKV und PKV.“
Konkrete Beispielrechnungen für verschiedene Einkommensgruppen
Um die Auswirkungen greifbar zu machen, haben wir für verschiedene Einkommensgruppen durchgerechnet:
- Durchschnittsverdiener (4.208 Euro monatlich): Diese Gruppe ist nicht von der Erhöhung betroffen und zahlt weiterhin 913,14 Euro monatlich für Kranken- und Pflegeversicherung (bei kinderlosen Versicherten).
- Gutverdiener an der alten Beitragsbemessungsgrenze (5.512,50 Euro monatlich): Hier schlagen die Erhöhungen voll durch. Die monatlichen Beiträge steigen von derzeit etwa 1.195 Euro auf 1.261,31 Euro – ein Plus von 66,31 Euro monatlich oder 796 Euro jährlich.
- Spitzenverdiener über allen Grenzen: Wer mehr als 101.400 Euro jährlich verdient, zahlt die maximalen Beiträge in allen Sozialversicherungszweigen und muss mit der vollen Mehrbelastung von bis zu 914 Euro jährlich rechnen.
Die politische Debatte rund um die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze wird schärfer
Die geplanten Erhöhungen sorgen für heftige politische Diskussionen. CDU-Mittelstandschefin Gitta Connemann warnt: „Eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen wäre für den Wirtschaftsstandort fatal und träfe den Mittelstand ins Mark.“ Ähnlich argumentiert Reiner Holznager, Präsident des Steuerzahlerbundes: „Finger weg von den Beitragsbemessungsgrenzen! Eine Erhöhung trifft vor allem Facharbeiter und Selbständige.“
Die SPD verteidigt die Erhöhungen. Christos Pantazis, SPD-Gesundheitsexperte, erklärt: „Wer überdurchschnittlich verdient, soll auch überdurchschnittlich zur Stabilisierung der Krankenkassen beitragen.“ Die Alternative wären Leistungskürzungen oder höhere Beiträge für alle Versicherten.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken begründet die Maßnahme mit dem geschätzten Defizit von 4 Milliarden Euro in der Krankenversicherung und weiteren 2 Milliarden Euro Minus in der Pflegeversicherung für 2026. Ohne die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen wären Beitragssatzerhöhungen für alle Versicherten unvermeidlich.
Finanzplanung wird für bestimmte Zielgruppen wichtig: Was können Sie jetzt tun?
Wenn Sie zu den betroffenen Gutverdienern gehören, sollten Sie Ihre Finanzplanung anpassen. Selbstständige müssen mit bis zu 1.828 Euro zusätzlichen Fixkosten rechnen und sollten ihre Liquiditätsplanung entsprechend anpassen. Die höheren Sozialabgaben sind immerhin steuerlich absetzbar, was die Belastung etwas mindert.
Angestellte sollten die Mehrbelastung bei anstehenden Gehaltsverhandlungen berücksichtigen. Von einer Gehaltserhöhung bleibt durch die steigenden Sozialabgaben weniger netto übrig als in den Vorjahren. Wer die Einkommensgrenze von 77.400 Euro überschreitet, kann über einen Wechsel in die private Krankenversicherung nachdenken, sollte aber die langfristigen Folgen genau abwägen.
Die neuen Beitragsbemessungsgrenzen treten voraussichtlich zum 1. Januar 2026 in Kraft. Der Referentenentwurf muss noch vom Bundeskabinett beschlossen und vom Bundesrat abgestimmt werden. Die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung ist sehr hoch, da die Anpassungen seit Jahrzehnten Routine sind und sich an der Lohnentwicklung orientieren.
Die Erhöhungen 2026 sind die stärksten seit Jahren und zeigen deutlich, dass die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme zunehmend auf den Schultern der Gutverdiener lastet. Ob diese Strategie langfristig aufgeht oder den Wirtschaftsstandort Deutschland schwächt, wird sich zeigen müssen.
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The contribution Beitragsbemessungsgrenze 2026: So teuer wird es für gesetzlich Versicherte appeared first ftd.de.